Kommunikationsrebellen

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Digitale Kommunikationskultur

Die Aussage „Wir werden schlecht informiert“ basiert nicht auf fehlenden Informationen. Oder doch?

Unter anderem mit dieser These haben wir uns im Rahmen unserer Interview-Reihe beschäftigt.

57 Gestalter aus unterschiedlichen Unternehmen und Organisationen standen uns in den vergangenen Monaten in ca. 60-minütigen Interviews Rede und Antwort zu 11 Fragen und 7 Thesen rund um (digitale) Kommunikationskultur. Über 3.300 Minuten auszuwertendes Material sind zusammengekommen – und wie versprochen, geben wir, während die Auswertung noch läuft, erste Einblicke und Erkenntnisse.

 

Also: „Die Aussage wir werden schlecht informiert, basiert nicht auf fehlenden Informationen“. Was haben wir dazu erfahren?

 

„Es gibt da eine Sinuskurve,
die schwingt immer zwischen „Die Personen im Unternehmen haben zu wenig Informationen“
– dann werden Formate, Tools usw. eingeführt, die die Mitarbeiter mit Informationen versorgen sollen.
Dann erreicht man irgendwann einen Hochpunkt, dann sagen die Mitarbeiter „Wir kommen gar nicht mehr zum Arbeiten, wir haben viel zu viele Informationen“ und dann entwickelt es sich wieder in die Gegenrichtung.
Ich habe es aber auch noch nie erlebt, dass alle gesagt haben, ich fühle mich richtig informiert.
Das macht es ja noch komplizierter:
Es gibt ja nicht nur eine Kurve, sondern jeder Mitarbeiter hat seine eigene Kurve.“

 

Wie kommt das? Die Antworten sind genauso divers wie unsere Interviewten und Partner in ihren Fachgebieten. Knapp ¾ der Befragten sind sich aber einig, dass sie die These mit einem klaren oder einem eingeschränkten „ja“ beantworten. Interessant, oder?

 

Anzahl der Personen pro Antwort

 

Bei der Aufarbeitung der Texte für unsere Analyse sind uns einige besonders oft behandelte Themen aufgefallen. 3 davon möchten wir heute mit Euch teilen:

Hol- und Bringschuld

Wahrscheinlich nicht überraschend, wird die Frage „Sind Informationen eine Hol- oder eine Bringschuld?“ sehr häufig thematisiert.

„Es gab noch kein Unternehmen, wo ich das nicht gehört habe“

Inwieweit ist man selbst, egal ob als Mitarbeiter, Geschäftsführer oder Führungskraft, verantwortlich Informationen weiterzugeben – oder sich selbst zu beschaffen? Ist es die Aufgabe von Vorgesetzten alle verfügbaren Informationen weiter zu geben? Oder ist der Mitarbeiter in der Holschuld, um Informationen zu erfragen? Welche Informationen sind relevant? Muss der Vorgesetzte nur Regelinformationen weitergeben und den Rest sollte der Mitarbeiter erfragen? Wer legt fest, was relevant ist?

 

  • Über welchen Informationsumfang sprechen wir?
  • Wer hat welche Verantwortung für Informiertheit zu sorgen?
  • Welche Verantwortung darf delegiert werden, welche Information muss selbst gegeben oder geholt werden?
  • Wie weit ist man selbst verantwortlich?
  • Was ist jetzt „eine fehlende Information“? – Ist sie gar nicht da oder wird sie nicht gefunden?

 

Und selbst wenn das alles geklärt ist, handeln ja Menschen. Denn: Artikulieren wir immer das, was wir denken? Wie viel spricht man wirklich aus und wie viel ist in unserem Kopf, weil es für uns trivial und selbstverständlich ist?

 

„Also ich selber erwische mich immer wieder dabei, dass ich Information unbewusst nicht weitergebe, weil ich denke, die sind für andere nicht relevant.“

 

Was wir glauben gesagt zu haben, und was wir wirklich gesagt haben, stimmt nicht immer überein.

 

„20 % von dem wir behaupten es gesagt zu haben, haben wir nicht gesagt – weil es uns zu selbstverständlich schien“

 

Unsere Gedanken dazu

Vielleicht wird es helfen eine Informationskultur zu schaffen, die dazu anregt, dass alle Parteien sich aufgefordert fühlen, Frage und Antwort zu geben.

 

Die Art und Weise

„Informationen können auf vielen Wegen verbreitet werden, wenn man fehlerhaft kommuniziert, wo welche zu finden sind, ist das auch eine fehlende Information“

 

Reicht eine E-Mail an alle Mitarbeiter aus? Oder reicht es, ein Intranet regelmäßig zu pflegen? Denn dort stehen ja alle Informationen.

 

„Hättest Du ja lesen können“

 

Oder sollte man doch alles mündlich und zu jedem Mitarbeiter oder zu jedem Team weitergeben?

 

„Durchlesen hilft oft nicht – der Gesamtkontext fehlt schnell“

 

Aber Mund-zu-Mund ist fehleranfällig.

 

„Was wir glauben gesagt zu haben und was wir wirklich gesagt haben stimmt nicht immer überein.“ Ja –noch einmal – diesmal nicht das „ob“ wie oben, sondern das gemeinsame Verständnis des „was“.

 

Oder doch eine Kombination aus allen Möglichkeiten? Welche Absicherungen reichen aus und welche sind erforderlich?

 

„Heute ist ja eine Information nicht immer nur eine reine Information, sondern da steckt häufig sehr, sehr viel dahinter und man ist sich der Tragweite nicht immer bewusst, wenn man da etwas nicht weitergibt.“

 

Und dann noch die Sache mit der Relevanz:

 

„Die glauben, sie hätten eine top Informations-Datenbank, wo jeder seine hundert Angaben gemacht hat. Und da steht alles drin. Aber Du merkst – „Blödsinn.“

 

„Also sie kann auf fehlenden Informationen beruhen, natürlich, aber in der Regel ist es so, dass es nicht daran fehlt, dass Kommunikationsangebote da sind, sondern dass diese Angebote nicht wahrgenommen werden und dann ist die große Frage, warum werden sie nicht wahrgenommen.“

 

Am Ende bleibt die Frage, wie hilfreich wäre es wenn jeder alles weiß, oder wissen könnte? Nicht jeder kann mit den vielen Information etwas anfangen oder interpretiert sie in der Masse vielleicht falsch – versucht Relevanz herzustellen wo keine ist. Oder andersherum. Außerdem möchte vielleicht auch nicht jeder Mitarbeiter über alles informiert werden und sieht es als Aufgabe der Führungskraft, Informationen zu filtern und nur die relevanten Informationen weiter zu geben.

Unsere Gedanken dazu

Jedes Unternehmen könnte Informationswege oder Kanäle kommunizieren, wie, wo und wann welche Informationen gefunden werden können, und wer wofür verantwortlich ist – als Grundgerüst. Diese Grundkultur wäre dann die Basis für angepasste Nebenabsprachen. Zum Beispiel könnte man als Führungskraft im Vorwege filtern, welche Informationen sollte man persönlich weitergeben und welche kann man ins Intranet stellen oder per E-Mail verteilen? Wichtige und entscheidenden Informationen hat wahrscheinlich jeder lieber in einem persönlichen Gespräch, Meeting oder Versammlung.

Das Gefühl informiert zu sein

Aus unserer Sicht besonders interessant ist das immer wieder angesprochene Gefühl unserer Gesprächspartner, dass es eigentlich nicht in erster Linie um Informationen geht, sondern um sich informiert zu fühlen – also eine Emotion.

 

„Das ist so eine sehr interessante Aussage. Weil das ist so eine Aussage, wo die Leute selber gar nicht wissen, was sie damit meinen, sondern das Gefühl haben, dass sie schlecht informiert werden. Das kann an den fehlenden Information hängen, aber es kann auch schlecht kommuniziert sein, es kann Silo-Kommunikation sein, ich glaube, das ist erstmal ein Gefühl bei den Leuten, das unterschiedliche Ausprägungen haben kann.“
„Ich kann täglich informieren, jedoch muss es die Leute auch ansprechen.“
„Was glauben Sie, worauf basiert in der Regel diese Aussage? Darauf, dass sich die Mitarbeiter nicht mitgenommen fühlen – also auf einem Gefühl. Und das resultiert wiederum aus der Art und Weise oder dem Zeitpunkt, also das ist vielgestaltig, aus Kommunikationsfehlern an der Stelle, würde ich sagen.“

 

„Wenn Mitarbeiter sich nicht gut informiert gefühlt haben, dann war es meistens, dass sie das Gefühl hatten, sie wurden übergangen, sie sind nicht mit einbezogen worden. Also die Informationen waren meistens da, aber nicht in der Form, wie der Mitarbeiter sie gebraucht hätte – der Abgleich zu den Kommunikationsbedürfnissen der Mitarbeiter ist wichtig.“

 

„Mein Eindruck ist, dass die Informationen immer da sind, der Weg aber der falsche ist, der gewählt wurde. Dass es mündliche Verstärker gebraucht hätte, um es wirklich zu transportieren, dass eine Mail nicht ausreicht, dass der Verdacht da ist: das hat sie ja so nicht gemeint, etc. Was ich immer durch eine mündliche Kommunikation wesentlich besser hinkriege. Und weil es nicht die Sachinformation ist, sondern der Wunsch nach Eingebundensein.“

 

„Man kann sehr viel informieren und trotzdem fühlt sich der Mitarbeiter schlecht informiert. Das passiert, das ist so. Man muss den Nerv treffen, nicht nur die Inhalte.“

 

Unsere Gedanken dazu

Die Punkte 1, 2 und 3 verlaufen ineinander. Wenn die Art und Weise geklärt ist – wie und durch wen Informationen verteilt und aufgenommen werden – ist es  wichtig dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter das Gefühl gewinnen, dass sie eingebunden sind. Das man Teil der gesamten Organisation ist. Und dass der Austausch von Information und Kommunikation gefördert und gefordert werden. Das Gefühl zu bekommen – man ist wichtig und wir nehmen uns die Zeit diese Informationen mit euch zu teilen.

 

 

Wir hoffen das wir euch mit diesem Blog Post angeregt haben, einmal zu reflektieren

A) Wie steht ihr zu der These: „Die Aussage „Wir werden schlecht informiert “ basiert nicht auf fehlenden Informationen.“?

B) Was habt ihr nach dem Lesen des Textes für Ideen was man in seiner eigenen Kommunikationbesser machen kann?

und C) Was meint ihr? Reicht eine E-Mail an alle Mitarbeiter aus?

 

Lünale 2020 ONLINE | Freitag 13. November 2020 ab 19.00

Die Gewinner wichtiger regionaler Wirtschaftspreisen werden anlässlich der Lünale 2020 geehrt.

Erstmals wird die Preisverleihung für einen sehr viel größeren Zuschauerkreis erlebbar sein, denn sie findet auch – und angesichts der wieder ansteigenden COVID-19 Fallzahlen in Deutschland ausschließlich, als Livestream und damit ohne Publikum statt.

Die Veranstaltung steht auch in diesem Jahr unter der Schirmherrschaft des Niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil, und ist in ein unterhaltsames Rahmenprogramm eingebettet. Die Zuschauer können über das Videoportal YouTube noch während der Sendung ihre Kommentare abgeben und Fragen an den Veranstalter übermitteln.

Weitere Informationen zur Lünale 2020, sowie den Videofilm der Preisverleihung, finden Sie unter www.luenale.de. Ab 19.00 Uhr steht dort der Link zum Video-Streaming bereit.

Unser Mutterhaus das CCMI, unterstützt die Lünale seit 2015 als Goldsponsor. Wir danken dem Team der WLG für die unermüdliche Arbeit!

Die 7 Thesen – erste Ergebnisse unserer Interview-Reihe

Seit Mitte Juni führen wir qualitative Interviews zur (digitalen) Kommunikationskultur in Unternehmen und freuen uns nun, euch die ersten Ergebnisse präsentieren zu können.

 

Dafür stellt sich nun erstmal die Frage:

 

Was haben wir eigentlich genau gemacht und warum?

 

Fangen wir mit dem Interview-Design an:

Wir sind nach ausführlicher Literaturarbeit zu dem Ergebnis gekommen, dass die derzeit zur Verfügung stehende Literatur zu den Themen Kommunikationskultur, Kommunikation in Unternehmen, interne Kommunikation, digitale Kommunikation etc. nicht ausreichend ist, um die Ziele des Forschungsprojektes zu erreichen. Daher haben wir uns zur Generierung zusätzlichen Wissens sowie praxisorientierter Erfahrungswerte zur Durchführung einer zweiteiligen Interview-Reihe entschieden.

 

 

 

 

Im Fokus der Interview-Reihe #1 standen die „Gestalter“ – also vornehmlich Personen, bei denen wir von einem hohen Einfluss auf die Gestaltung der Kommunikationskultur im Unternehmen ausgehen. Dies sind z.B. Geschäftsführer, Abteilungs- oder Bereichsleiter, aber auch Externe wie Coaches und Berater.

 

Geführt haben wir:

 

 

Diese Interviews haben wir unter der übergeordneten Zielsetzung geführt Wissen und Erfahrungswerte zu generieren und haben diese Zielstellung in 4 Teilziele heruntergebrochen:

 

 

Basierend auf den Ergebnissen der Literaturarbeit und unseren Zielstellungen haben wir dann 11 offene Fragen sowie 7 Thesen formuliert, die wir primär qualitativ auswerten, aber auch eine gewisse quantitative Betrachtung ermöglichen.

 

 

Die Gesamtergebnisse sind für einen Blogbeitrag leider etwas zu umfangreich, daher möchte ich euch hier einen Überblick über die Ergebnisse der Thesen geben und in den kommenden Wochen folgen dann Details zu den einzelnen Thesen und Fragen sowie eine Gesamtveröffentlichung.

 

Aber bevor ich euch die Ergebnisse der Thesen nun vorstelle – vielleicht habt ihr ja Lust, diese selbst erst einmal auszuprobieren:

 

 

 

 

Die Ergebnisse der 7 Thesen – ein Überblick

Ich möchte euch an dieser Stelle ganz bewusst erstmal nur einen ersten Überblick über die Ergebnisse geben. Guckt sie euch an, denkt darüber nach, reflektiert und seid gespannt auf Details zur These 7 in der kommenden Woche.

 

Eine gute Kommunikationskultur basiert für alle Unternehmen auf den gleichen Erfolgsfaktoren

 

Die EINE Kommunikationskultur gibt es nicht – interne Kommunikationskultur ist die Summe individueller Kommunikation und von Kommunikation in Subkulturen

 

Interne Unternehmenskommunikation entscheidet über den (wirtschaftlichen) Erfolg eines Unternehmens

 

Die interne Kommunikationskultur wird allein durch die Mitarbeiter bestimmt

 

Führungskräfte müssen als Kompass in der Informationsflut agieren

 

Eine gute Kommunikationskultur erfordert ein hohes Maß an Reflexionsfähigkeit

 

Die Aussage – Wir werden schlecht informiert! – basiert nicht auf fehlenden Informationen

 

Abschließend noch mein ganz persönliches Fazit aus den Interviews:

Kommunikationskultur ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Unternehmen,
den wir gemeinsam positiv gestalten sollten.

Eure Ines

 


 

Leuphana Digital Leadership Campus 2020 – „Build Your Leadership Muscles“

Am 05. November fand der Leuphana Digital Leadership Campus 2020 mit dem Thema „Build Your Leadership Muscles – Ein virtuelles Zirkeltraining für Führungskräfte und HR“ statt. Die ausschließlich digital stattfindende Konferenz lockte mehr als 200 Teilnehmende in das digital nachgebildete Zentralgebäude der Leuphana Universität Lüneburg.

Nach der Begrüßung durch Prof. Dr. Spoun, Präsident der Universität, und Frau Prof. Dr. Remdisch, Leiterin der leadershipgarage, stimmten Speaker wie Norbert Janzen (Managing Director and Head of HR, IBM), Prof. Dr. Joerg Dederichs (Geschäftsführer 3M Deutschland) und Markus Trost (Partner, Odgers Berndtson) auf die nachfolgenden Workouts in 3 Trainings-Zirkeln ein.

Hier ging es dann theoretisch und praktisch zur Sache: „Digital Performance Through TOOLS“, „Digital Performance Through INTERACTION“ und „Digital Performance Through SKILLS“ mit je 7 Stationen stärkten die Teilnehmenden durch top-aktuelle Informationen, Denkanstöße und Praxis-Workouts.

 

Wir waren mit zwei Sessions dabei:

  • Vorstellung erster Ergebnisse aus unserer Interviewreihe #1

  • Eine praktische Übung zur bewussten (digitalen) Kommunikation

Unser Mutterhaus, das CCMI, zeigte in einer eigenen Session wie mittels eines „Digital Maturity Models“ klare Anforderungen für eine angemessene und effiziente digitale Transformation definiert werden können.

 


Links

Website der Konferenz

leadershipgarage

CCMI

rebellen-net(t)iquette – Part #1

netiquette: „Gutes oder angemessenes und achtendes (respektvolles) Benehmen in der elektronischen Kommunikation“

 

In den letzten Wochen und Monaten habe ich viel Zeit in Online-Meetings und Online-Konferenzen verbracht. Und auch privat wird die „Videotelefonie“ immer mehr. Zum Thema Kommunikation – hier eindeutig digitaler Art – gab es für mich einiges zu erleben (;o) und zu lernen.

Als gute Rebellen versuchen wir Dinge gut, oder sogar besser zu machen – selbst und auch für andere. In diesem Zusammenhang also:

 

Online-Meetings für alle Teilnehmer und mich ermüdungsfrei, interessant und störungsfrei gestalten – egal ob als Einladender/Veranstalter oder Teilnehmer.

 

Ich möchte daher heute mein persönliches „Online-How-to“ mit euch teilen.

 

Die #rebellen-net(t)iquette

Ort und Ausstattung

Ich sorge für einen gut belüfteten Platz in einer ruhigen Umgebung, um frühzeitiger Ermüdung vorzubeugen.

Um Störungen zu vermeiden hänge ich ein Schild an meine Büro/Zimmer/Wohnzimmer/Kinderzimmer/…-Türe „Online-Meeting – bitte leise sein“.

Ein Fenster ist nur dann dauerhaft geöffnet, falls sichergestellt ist, dass keine Geräusche stören – dazu gehören auch Vogelgezwitscher, vorbeifahrende Autos oder spielende Erwachsene und Kinder.

Mein Handy ist leise und Vibration ausgestellt und liegt auf dem Display. Ich behalte es in Reichweite, falls etwas mit dem Konferenz-Tool nicht funktioniert, eine Online-Abstimmung per Handy durchgeführt werden soll, oder Ähnliches in Zusammenhang mit dem Meeting selbst.

Mein Sitzplatz bietet

  • genügend Raum für Rechner und Bildschirm oder den Laptop,
  • plus einen Block für Notizen,
  • ein Glas/Becher (ohne Löffel) nebst Flasche/Kanne für Wasser oder Tee und Untersetzer,
  • ein paar Kekse oder sonstige kleine Snacks,
  • und eine Packung/Box Taschentücher.

 

[- Auf all das achte ich übrigens auch bei Offline-Meetings -]

 

Weiter achte ich auf ein gut funktionierendes Equipment

Ein vernünftiges Mikrofon,
damit ich gut zu verstehen bin und nicht so laut zu sprechen brauche. Das ist nicht nur für mich anstrengend, sondern auch für die Zuhörer. Ich habe mir mittlerweile ein Stand-Mikro besorgt, da das eingebaute Mikro von meinem Rechner nicht so toll ist. Außerdem kann ich es direkt vor mich stellen.

 

Eine vernünftige Kamera, gemeinsam mit dem Monitor ungefähr auf Augenhöhe.
Es geht ja nicht nur darum ein qualitativ gutes Bild zu übermitteln. Wichtig sind auch der richtige Bildausschnitt und die Möglichkeit dem Gegenüber wenigstens einigermaßen in die Augen sehen zu können, ohne selbst den Bildschirm komplett aus dem Blick zu verlieren. Auch möchte ich nicht auf den/die anderen herauf- oder herabblicken. Insgesamt möchte ich mich natürlich bewegen können, ohne aus dem Bildbereich zu rutschen, gleichzeitig aber soll meine Mimik jederzeit gut erkennbar sein. Sonst könnten wir ja auch telefonieren. (:o)

Hier habe ich schon einiges ausprobiert, bin aber noch nicht ganz zufrieden. Der Zukauf einer frei positionierbaren Kamera hat schon viel gebracht. Was den Bildausschnitt angeht, wird es wohl nicht ohne Kompromisse gehen. Ich versuche eine bequeme Sitzposition und möglichst eng beieinanderliegende Sichtlinien auf Monitor und Kamera auszubalancieren. Ich richte die Bildschirmhöhe so aus, dass meine Augen auf Höhe des oberen Drittels sind, wenn die Kamera oben auf dem Bildschirm sitzt. Steht sie eher unterhalb des Monitors, versuche ich die Augenhöhe in Richtung des unteren Randes zu bekommen.

 

Nutze ich einen Laptop,
stelle ich ihn auf ein paar Bücher oder eine Bananenkiste. Nutze ich einen Tischmonitor, ist es einfacher, soweit er verstellbar ist.

 

Ein Handy
ist für mich übrigens nur im absoluten Notfall mal das Mittel der Wahl, denn dann ist der Bildausschnitt sehr klein, das Bild schwankt immer wieder – kurzum, aus Respekt für andere, sollte ich auf das Handy zur Teilnahme an Meetings verzichten.

 

Zum Bildausschnitt
gehört für mich auch mein Hintergrund. Je ruhiger der ist, desto besser kann ich wahrgenommen werden. Auch sollte er nicht spiegeln, oder sich bewegen.

 

Ausreichend Licht
von rechts, links und vorne, damit meine Mimik jederzeit gut erkennbar ist. Achtung: Nicht von hinten, sonst bin ich nicht mehr erkennbar.

 

Der Monitor
selbst sollte nicht zu klein sein, insbesondere wenn ich die Präsentation, mehrere Sprecher und vielleicht noch einen Raumausschnitt im Blick behalten möchte. Für mich ist das vor allem bei Diskussionen wichtig – Thema und Menschen gleichermaßen im Blick behalten zu können. Vielleicht arbeite ich ja auch aktiv am Bildschirm und suche gleichzeitig den Kontakt zu denjenigen, mit denen ich gerade an etwas arbeite. Der Blick in die Kamera hilft mir da nicht weiter. Wenn möglich, nutze ich daher zwei Monitore.

 

Vernünftige Lautsprecher.
Ich habe für mich festgestellt, dass ich deutlich weniger ermüde, wenn ich nicht über die doch eher plärrenden PC- oder Monitorlautsprecher zuhöre. Das gilt besonders, wenn mein gegenüber eben kein gutes Mikrofon hat oder brummelt.

 

Eine stabile Internetverbindung.
„Ich wähl mich nochmal ein“ wird wohl immer wieder passieren. Im Zweifel installiert das Betriebssystem gerade im Hintergrund ein Update, oder die Nachbarschaft streamt. Trotzdem versuche ich darauf zu achten, wie der Handy/W-Lan/Lan-Empfang ist.

 

 

Jetzt denkt ihr vielleicht „Puh – das ist teuer.“ Und je nachdem was das zugekaufte Equipment ist, stimmt das auch. „Und aufwändig“. Stimmt auch. Aber ziehen wir uns nicht für unsere gute Wirkung bei Meetings bewusst passend an? Wir sprechen deutlich und bei größeren Konferenzen und Tagungen nutzen wir Mikrofone und gute Beamer, verdunkeln den Raum und sorgen für eine ruhige Atmosphäre.

 

Einiges kann aber auch schlicht umfunktioniert werden: Wir nutzen den Monitor des Kollegen, der gerade im Homeoffice ist. Vielleicht können wir den auch gleich mit nach Hause nehmen, den Bildschirm – nicht den Kollegen (;o). Oder wir richten in der Firma ein paar Online-Meeting-Plätze ein. Außerdem sparen wir ja auch die eine oder andere Anreise.

 

Kopfhörer finde ich persönlich übrigens nicht so schön. Sie lösen zwar fast alle akustischen Probleme, ich selbst fühle mich aber in meiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt – das gilt auch für kabellose In-Ears. Bluetooth reicht halt nicht so weit und die Störgeräusche sind furchtbar, wenn ich mal kurz in die Bio-Pause muss. Und wenn mein Gegenüber Mickymäuse trägt – naja – da sind wir dann wieder beim Thema passend anziehen …

 

Vor dem Online-Meeting

Ich bin vorbereitet und pünktlich – das ist meines Erachtens in Online-Zeiten noch wichtiger als in Offline-Meetings. Das heißt für mich:

  • Ich habe kurz das Equipment gecheckt.
  • Ich weiß, welches Konferenz-Tool genutzt wird, habe mich vergewissert, dass ich die grundlegenden Bedienelemente kenne und dass ggf. der letzte Softwarestand installiert ist.
  • Ich habe mich gecheckt – am Besten über das Testbild am Monitor.
  • Brille sauber.
  • Bio-Pause gemacht.
  • Handy lautlos.
  • Ich weiß wer teilnehmen wird.
  • Ich bin eher 5 Minuten früher im Online-Raum und warte vorbereitet-entspannt auf den Start.

 

Im Meeting

Gute Erfahrungen habe ich damit gemacht von Anfang an ausreichend Pausen zu vereinbaren und vorher anzukündigen, wann diese sind:

  • Bio-Pausen
  • Getränke nachfüllen
  • Strecken und Atmen, vielleicht ein kurzer Spaziergang durchs Haus/Büro

 

Spätestens ab einer Gruppengröße von 5 oder mehr Personen ist es hilfreich neben dem Vortragenden einen Online-Moderator zu benennen, der auf Wortmeldungen und Sprechzeiten achtet, Hilfestellung bei technischen Problemen geben kann und Nachzügler (wieder) ins Meeting lässt.

Zu Beginn hilft es sehr abzufragen, ob alle Teilnehmer mit dem Konferenz-Tool vertraut sind. Das würde ich selbst bei einer größeren Teilnehmerzahl in Kombination mit einer kurzen Vorstellungsrunde einzeln machen.

 

Anschließend hilft es einige Regeln zu vereinbaren:

  • Bitte die Mikrofone ausmachen, wenn nicht gesprochen wird – ja, ich weiß – ein Evergreen.
  • Den Chatbereich öffnen.
    • Für Fragen und Wortmeldungen.
    • Für Anregungen und Anliegen an den Online-Moderator.
  • Die Kameras eingeschaltet lassen. Das schafft Vertrauen und ermöglicht eine persönlichere Ansprache. Wir treffen uns ja in einer Videokonferenz, um auch visuell zu interagieren. Das gilt für beide Seiten. Wenn der Vortragende neben seinen Folien auch interessierte Gesichter sieht, wird er mehr Spirit rüberbringen. Und wenn ich mir als Teilnehmer bewusst bin, dass ich in der Gemeinschaft sichtbar anwesend bin, bekomme ich ebenfalls mehr mit. So geht es mir zumindest.
  • Auch wenn sich alle Teilnehmer mit dem Konferenz-Tool auskennen, finde ich es gut daran zu erinnern, dass, je nach verwendetem Tool, unterschiedliche Ansichten eingestellt werden können und es sich lohnt das während des Meeting auch zu tun:
    • Nur der Sprecher (langweilig)
    • Alle Teilnehmer (macht je nach Monitorgröße am meisten Spaß)
    • Sprecher groß und der Rest kleiner daneben (dito Monitorgröße)
    • Nur die Präsentation/der geteilte Bildschirm (würde ich nicht empfehlen)
    • Die Präsentation und der Sprecher (Passt während des Vortrags)
    • Die Präsentation und der Sprecher, sowie kleiner die anderen Teilnehmer (Yeah!)
  • Langsam und deutlich sprechen.
  • Sich nicht während des Sprechens vom Mikro entfernen oder die Hand vor den Mund halten.

 

Zum Schluss vielleicht noch ein paar Dinge, die ich vermeide

Ich spreche nach Möglichkeit nicht nebenbei mit nicht sichtbaren Personen. Das gilt besonders dann, wenn das Online-Meeting sensible Themen behandelt.

Ich achte jeweils auf meine Position zur Kamera, wenn ich mich bewege, wenn ich vielleicht aufstehe, um etwas zu holen. Ob die anderen Teilnehmer so interessiert am Reißverschluss meiner Hose sind … ich glaube nicht.

 

Soweit für dieses Mal. Bleibt gesund! Habt Online Spaß!

Euer Oliver

Wird Kommunikation erst heute wichtig?

In den letzten Wochen und Monaten der Pandemie konnten wir alle erleben, wie Stimmen laut geworden sind – sei es im Radio, in Interviews, in Artikeln oder im Bereich Social Media – die immer wieder Botschaften verkünden, wie

 

„Kommunikation wird immer wichtiger“

oder

„Warum die interne Kommunikation in Zeiten von Corona wichtiger ist denn je“

oder

„Nie war Kommunikation von Unternehmen wichtiger, herausfordernder, aber auch chancenreicher“

 

Und jedes Mal wenn ich eine dieser Aussagen höre denke ich:


Das fühlt sich so für mich nicht richtig an.

 

Unser Forschungsprojekt ist ja entstanden, weil ich in meinen Beratungsprojekten immer wieder die Erfahrung gemacht habe, dass der Fokus von Auftraggebern oft eher auf Prozessoptimierung oder Strategieentwicklung liegt – Kommunikation und Kultur dabei für die Umsetzung aber meist als nicht relevant angesehen werden. Dadurch konnte ich – zumindest aus meiner Sicht – nicht die Erfolge erzielen, die möglich gewesen wären. Mein Frust ist dadurch stetig gewachsen.

 

Aus meiner Sicht war und ist Kommunikation schon immer wichtig – das Bewusstsein für diese Wichtigkeit nimmt nur in der aktuellen Situation zu.

 

Aber warum ist das eigentlich so?

Warum ist das Bewusstsein für die Relevanz von Kommunikation – und ihr kulturelles Umfeld – in Unternehmen bisher so gering ausgeprägt?“

 

Vielleicht haben wir nach der Auswertung unserer ersten Interviewreihe bereits eine grobe Idee, mit welchen Hemmnissen für das Thema Kommunikation wir es zu tun haben.

 

Vielleicht habt ihr aber dazu schon heute eine These oder Idee die Ihr mit uns teilen mögt?


Dann schreibt uns eine Mail oder hinterlasst hier eine Nachricht.

 

Eure

Ines

 

 

PS:
Wir arbeiten übrigens gerade auf Hochtouren an unseren ersten Studienergebnissen, die wir dann auf dem „Digital Leadership Campus“ der leadershipgarage am 05. November vorstellen werden.

Das Potenzial der persönlichen Haltung 

Wir haben im Rahmen des Projektes schon viele tolle Kontakte geschlossen und möchten mit euch, neben unseren persönlichen Sichtweisen und Erfahrungen, natürlich auch andere Perspektiven und Erkenntnisse teilen. Freut euch künftig also immer wieder auf spannende Gastbeiträge.

Und damit wünschen wir euch viel Spaß mit unserem ersten Beitrag von Martin Permantier zum Potenzial der persönlichen Haltung.

 

Digitale Transformation braucht persönliche Entwicklung
von Martin Permantier

Wenn wir die digitale Transformation aktiv gestalten wollen, ist das Mindset und damit der Reifegrad der Persönlichkeit aller Beteiligten entscheidend. Die Fähigkeit zur Transformation wächst, je weiter der Horizont aller reicht. Es kommt darauf an, wie wir die Welt sehen.

Dieses persönliche Bild von der Welt verändert sich im Laufe unserer Reifung. Wie dies geschieht, haben Forscher vielfach untersucht und interessante Erkenntnisse gewonnen. Auf Grundlage dieser Forschungsergebnisse haben wir (Short Cuts GmbH) ein Modell entwickelt, das hilft zu erkennen, in welcher Haltung Führung und Mitarbeitende handeln. Dadurch wird sichtbar, wo Entwicklungspotenziale für die Individuen und für das Unternehmen liegen.

 

Wenn die Führung sich selber weiterentwickelt und lernt, emotional zu führen, kann sie Mitarbeitende in unterschiedlichen Haltungen optimal führen.

 

Das hilft, Umbruchsituationen und neue Herausforderungen gut zu meistern. Das Unternehmen gewinnt dann an Innovationskraft und wird damit auch interessant für „High Potentials“.

 

Haltung ist individuell

Jeder kennt das: Sie sind in einem Unternehmen und haben das Gefühl, „Die ticken anders“, „Irgendwie ist das hier nicht meine Welt“, „So wie die will ich nicht arbeiten“. Was anderen Menschen wichtig und bedeutsam erscheint, stößt Sie vielleicht ab oder ist schlicht uninteressant für Sie. Das liegt ziemlich wahrscheinlich daran, dass Ihre (eigene) Haltung und die Haltung des Unternehmens nicht zueinander passen.

Die Haltung, das Mindset wird bestimmt von der Art und Weise, wie wir unser Weltbild konstruieren. Wie sich diese Wirklichkeitskonstruktion im Laufe unserer Reifung verändert, ist von vielen Entwicklungspsychologen untersucht worden. Dazu gehören Jean Piaget, Abraham Maslow, Ken Wilber, Jane Loevinger und Clare Graves.

 

 

 

Neu sind zwei Erkenntnisse: Diese Entwicklungen sind nicht mit einem bestimmten Alter abgeschlossen und Kulturen entwickeln sich auf ähnliche Weise – als kollektives Abbild unserer inneren Reife. Die Entwicklung der Haltung zu fördern, bedeutet nicht, dass alle mit dem gleichen Mindset unterwegs sein müssen. Es ist allerdings hilfreich, insbesondere in den Führungsfunktionen, Menschen mit einem hohen Reifegrad einzusetzen, die eine gewisse Bandbreite an Haltungen einnehmen können. Denn die bisher durchlaufenden Haltungen bleiben also im Handlungsrepertoire erhalten.

 

Führungskräfte mit einer reifen Haltung bringen die Voraussetzungen für zwei wesentliche Aufgaben der Führung mit:

  1. Die Haltung ihrer Mitarbeitenden zu erkennen und sie so zu führen, dass sie ihren optimalen Beitrag zum großen Ganzen leisten können. Unabhängig davon, ob sie Dienst nach Vorschrift leisten oder selbstorganisiert arbeiten.
  2. Mitarbeitende, die sich weiterentwickeln wollen, darin zu unterstützen.

 

Das ist im Grunde das, was wir in einem tieferen Sinn unter einem attraktiven Arbeitgeber verstehen: Unternehmen, die ihre eigene Haltung reflektieren und ihren Mitarbeitenden mit ihren unterschiedlichen Haltungen Möglichkeitsräume bieten

 

 

1. Die Entwicklung von Haltungen

Die biographisch nacheinander entstehenden Haltungen und Reifegrade lassen sich wie folgt beschreiben:

 

Die selbstorientiert-impulsive Haltung

In unserer Entwicklung durchlaufen wir diese Lernphase im Alter von ca. zwei bis fünf Jahren. In der selbstorientiert-impulsiven Haltung sind wir noch stark in uns und unseren Bedürfnissen gefangen. Unsere Gedanken und Gefühle sind uns noch nicht bewusst. Reflektierendes Denken und das Erfassen längerer Zeiträume ist in dieser Haltung noch nicht möglich. Feedback wird zurückgewiesen und wir bleiben im stereotypen Denken, das sich vor allem auf Konkretes und wenig auf Abstraktes bezieht. Andere Menschen sind Mittel zum Zweck und unser Verhalten ist opportunistisch geprägt.

Unser eigenes emotionales Erleben können wir noch nicht erfassen oder steuern. Es fehlt die Kompetenz, anderen Menschen empathisch zu begegnen. Die Denkweisen sind eher simpel, die anderen sind immer Schuld und der andere hat angefangen. Wir sind tendenziell in einer Verteidigungshaltung, weil es an innerer Sicherheit und echter Selbstbewusstheit fehlt.

 

Die gemeinschaftsbestimmt-konformistische Haltung

Wir lernen diese Haltung ab dem Zeitpunkt, wo wir bewusst von „Wir“ sprechen. Sie begleitet uns meist durch die Grundschulzeit. In der gemeinschaftsbestimmt-konformistischen Haltung lernen wir Regeln und Normen, die sich an unserem Umfeld ausrichten. Unsere Gedanken und Gefühle sind noch unterdrückt. Unsere Identität wird stark durch die Zugehörigkeit zu einem „Wir“ definiert und weniger durch unsere Individualität. Gehorsam und Unterordnung sind in dieser Haltung vorherrschend. Damit verbunden sind starke Schuldgefühle, wenn wir den Konventionen nicht entsprechen. Wir haben den Wunsch, das Gesicht zu wahren. Wir stehen unter einem hohen Anpassungsdruck, der uns Konflikte vermeiden lässt. Lieber vermeiden wir und weichen aus. Unsere eigenen Gefühle und unser Innenleben sind für uns noch schlecht greifbar. Kritik wird akzeptiert, wenn sie sich auf die Prinzipien bezieht, die extern festgelegt wurden. „Der Lehrer hat aber gesagt, dass …“

 

Die rationalistisch-funktionale Haltung

Die rationalistisch-funktionale Haltung ist die nächste Kompetenzerweiterung und der Beginn des psychologischen Ich. Die beginnende Selbstwahrnehmung erlaubt uns einen differenzierten Blick auf uns selbst. Jetzt können wir verschiedene Perspektiven sehen und werden urteilsfreier. Der Wunsch nach mehr eigener Meinung und nach Abgrenzung entsteht. Wir entwickeln eigene Ansichten darüber, was richtig und falsch ist. Dabei orientieren wir uns an klaren Standards. Wir üben uns im rationalen Denken, in dem kausale Erklärungen vorherrschen. Von langen Debatten halten wir wenig. Wir legen eher Wert auf Effizienz als auf Effektivität. Unsere Gedanken sind uns bewusst, unsere Gefühle noch nicht. Wir erleben uns selbst noch von externen Anforderungen getrieben, innerhalb derer wir glauben, funktionieren zu müssen. In unserer eigenen Entwicklung durchlaufen wir diese Haltung in der Regel mit Beginn der Pubertät.

 

Die eigenbestimmt-souveräne Haltung

In der eigenbestimmt-souveränen Haltung entwickeln wir eigene Werte und Vorstellungen. Diese persönlichen Maßstäbe geben uns Orientierung im Leben. Eine starke Zielorientierung und der Wunsch nach Selbstoptimierung bestimmen diese Phase. Aus der Souveränität, die wir durch diese erweiterten Kompetenzen gewinnen, entfaltet sich ein reicheres Innenleben, das die Komplexität von Situationen akzeptiert und Respekt vor individuellen Unterschieden hat. Wir stehen in dieser Haltung selbstbewusst im Leben und entscheiden, mit wem wir welche Beziehung eingehen. Unsere Gefühle sind und erst zum Teil bewusst. Die eigenen blinden Flecken und die eigene Subjektivität werden häufig noch nicht gesehen. Das „Ego“ ist in dieser Haltung am größten. Es entspricht dem eines späten Teenagers, der vieles weiß und sehr kompetent ist, dessen Empathievermögen sich aber noch nicht ganz entfaltet hat.

 

Die relativierend-individualistische Haltung

Die relativierend-individualistische Haltung macht uns bewusst, wie die eigene Wahrnehmung die Sicht auf die Welt prägt. Jetzt nehmen wir auch unsere Gefühle bewusst wahr. Wir fangen an, unsere und die Sichtweise anderer zu relativieren und zu hinterfragen. Mit dieser Kompetenz entwickelt sich unser Empathievermögen weiter und wir erkennen in uns und im Außen Widersprüche, denen wir vorher eher mit Ignoranz und Zynismus begegnet sind. Wir sehen, dass jeder Mensch geprägt ist durch seine grundlegenden Eigenschaften, seine Kultur und seine eigene Geschichte. Wir lernen, dies in unserer Kommunikation zu berücksichtigen. In dieser Haltung wird uns unser emotionales Innenleben bewusster und wir entdecken es als zusätzliche relevante Wahrnehmungsressource. Die entstehende Mannigfaltigkeit von neuen Facetten und Zwischentönen lässt uns individualistischer und authentischer werden.

 

Die systemisch-autonome Haltung

Mit der systemisch-autonomen Haltung erweitern sich unsere Kompetenzen um die Fähigkeit zur voll ausgebildeten Multiperspektivität und wir lernen, Beziehungen systemisch zu erfassen. Das Erkennen von zirkulären Verbindungen erlaubt uns, widersprüchliche Meinungen und Aspekte zu integrieren. In dieser Haltung sind wir offen für die kreative Auseinandersetzung mit Konflikten und können mit Mehrdeutigkeiten umgehen. Wir respektieren die Individualität und Autonomie unseres Gegenübers und sind bereit, die volle Verantwortung für uns selbst, unser Denken, Fühlen und Handeln zu übernehmen. Dies führt zu einer hohen Motivation, sich selbst zu entwickeln und zu einem noch stärkeren Bewusstsein für die eigenen inneren subjektiven Deutungsmuster. Wir können unsere Gedanken und Gefühle als subjektiv erkennen und haben so wesentlich mehr kooperative Handlungsoptionen. Es entsteht ein Konstruktgewahrsein, also ein Verständnis dafür, dass wir uns und die Welt ständig neu konstruieren.

Die Haltungen bauen aufeinander auf. Jede neue Haltung, die wir erlernen, schließt also die vorhergehenden ein. In schwierigen Situation und unter Stress ist es ganz normal, in eine oder mehrere Haltungen „zurückzufallen“. Dann ist wichtig, sich das zu vergegenwärtigen, um so schnell wie möglich wieder in die gewünschte Haltung zurückzukehren.

 

 

2. Das eigene Verständnis von Führung reflektieren

Machen Sie ein kleines Experiment und komplettieren Sie folgende Satzstämme. Ergänzen Sie die Sätze, wie Sie möchten. Es gibt keine richtigen oder falschen Antworten. Alles ist erlaubt. Sie dürfen so tiefsinnig und komplex sein, wie sie wollen.

Finden Sie zunächst für sie persönlich stimmige Sätze und notieren Sie sie. Anschließend vergleichen Sie diese dann mit unseren Beispielantworten, die Sie hier finden, und ordnen sie entsprechend den unterschiedlichen Haltungen zu. In den jeweiligen Satzvervollständigungen spiegelt sich wider, welche Haltung wir nutzen und schon verinnerlicht haben.

Am interessantesten ist es, wenn Sie die Reflexionssätze mit mehreren Kollegen machen und dann vergleichen.

 

Los geht’s:

  1. Die Aufgabe einer Führungskraft ist …
  2. Das, was ich an mir als Führungskraft mag, ist …
  3. Was mich in Schwierigkeiten bringt, ist …
  4. Wenn Mitarbeitende hilflos sind, …
  5. Erfolg ist(,) …
  6. Regeln sind …
  7. Mein Hauptproblem als Führungskraft ist(,) …
  8. Wenn ich an meine Grenzen stoße, …
  9. Andere zu führen, …
  10. Wenn ich Macht über andere ausübe, …
  11. Wenn ich kritisiert werde, …
  12. Mein Gewissen plagt mich, wenn …

 

Die Satzvervollständigungen der Reflexionssätze und ihre Zuordnung zu unterschiedlichen Haltungsmustern veranschaulichen uns unser Führungsverständnis, sie machen es transparent und diskutierbar. Das Bewusstsein für die eigene Haltung(en) und die Wahrnehmung von Haltungen anderer ermöglichen uns ein besseres Verständnis untereinander.

 

Die meisten Probleme entstehen dann, wenn wir aus unterschiedlichen Haltungen und den damit verbundenen Weltbildern miteinander kommunizieren. Dies ist uns oft nicht bewusst, weil jeder jeweils glaubt, dass seine subjektive Sicht die „richtige“ ist.

 

Es ist eine gute Idee, diese Selbstreflexion gemeinsam im Führungskreis durchzuführen. Dabei ist wichtig: Es gibt keine richtige oder falsche Haltung. Es geht vielmehr darum, sie zu erkennen und dann zu entscheiden, wo sie am besten einsetzbar ist, um förderlich für das Gesamtergebnis zu wirken.

 

3. Die Haltung der Führung prägt die Organisation

Je nach Reife und Persönlichkeitsentwicklung fällt es uns leichter oder schwerer, unsere Haltung zu wechseln. Eine Haltung ist nichts Statisches. Wir wechseln sie oft situativ. Oft haben wir jedoch einen biographisch geprägten Schwerpunkt in einer bestimmten Haltung. Von ihm aus deuten wir die Welt. Entsprechend unterscheiden sich unser Führungsstil und unser Werteverständnis. Die Haltungen sind wie eine Brille, durch die wir auf die Welt schauen und uns selber unser Weltbild, unser Narrativ über unser Leben konstruieren. Mitarbeitende in einer reiferen Haltung werden sich nur ungern von jemanden führen lassen, der eine einfache Weltsicht hat und sich zum Beispiel nur an Zahlen orientiert. Agilität ist in controllingfixierten Konzernstrukturen nicht zu erreichen. In vielen Organisationen sind daher die Führungskräfte zum Engpass geworden.

 

Die große Herausforderung in der digitalen Transformation ist, gewohnte Haltungen zu erweitern, sich selbst zu hinterfragen und zu einem echten „Wir“ zu finden.

 

Dies wird möglich, wenn wir Urteile und Zynismus loslassen und wahrhaftiger miteinander interagieren. Diese Entwicklung hin zur Selbstführung und sinnhaftem Tun erfordert die Bereitschaft, neue innere Haltungen einzunehmen. Alte Deutungsmuster, wie die Dinge sind und zu sein haben, können dann losgelassen werden. Das ist ein innerer Prozess, der Zeit und Geduld braucht

 

4. Den Potenzialraum erweitern und die Transformationsfähigkeit stärken

Die Transformationsfähigkeit der Organisation wird dadurch bestimmt, wie gut die Entfaltung aller einzelnen Mitarbeitenden gelingt und wie entwicklungsfähig das Unternehmen insgesamt ist. Diese Fähigkeit zur Transformation lässt sich fördern, indem wir die vorherrschenden Haltungen in Bezug auf vier Aspekte beleuchten und ggf. weiter entwickeln:

  1. Wie ist die Persönlichkeitsentwicklung, das Mindset der Mitarbeitenden?
  2. Welche Verhaltensmuster sind bei den Mitarbeitenden aktuell vorherrschend?
  3. Welche Strukturen und Prozesse nutzen wir?
  4. Was sind die wichtigsten Glaubensätze und Wertevorstellungen unserer Unternehmenskultur?

 

 

Gerade durch das Phänomen der Generation Y sind die Unterschiede der bisher verbreiteten Haltungen und Wertvorstellungen zu den Bedürfnissen der jungen Mitarbeitenden deutlich geworden. Sie empfinden die Strukturen und die Kultur – gerade in großen Unternehmen – als zu starr und unattraktiv. Sie entsprechen nicht mehr ihrer Haltung und ihrem Selbstverständnis.

Viele Unternehmen nutzen noch controllingorientierte Prozesse und starre Stellenbeschreibungen, die Menschen zu Funktionseinheiten machen. Aus rationalfunktionaler Sicht hat das früher Sinn gemacht. Menschen, die gelernt haben, eigenverantwortlich zu arbeiten, sind davon aber abgestoßen.

Viele Unternehmen hoffen, durch Einzelmaßnahmen wie der Einführung von Design Thinking oder agilen Methoden, die Mitarbeitenden innovativer und veränderungsbereiter zu machen und auf ihr Verhalten einzuwirken. Sie vergessen dabei, dass das Verhalten durch eine Anpassung an die Unternehmenskultur und die existierenden Strukturen erzeugt wird. Die Folge ist, dass viele Menschen unter ihren Möglichkeiten bleiben, nicht weil sie nicht wollen oder können, sondern weil es systemische Hindernisse gibt. Die eigentlichen Hindernisse liegen oft in den starren Strukturen und einem hierarchischen Führungsverständnis.

Das Modell der Haltungen gibt Unterstützung, um diese Differenzen aufzudecken und gezielt zu entwickeln. Der Potenzialraum sollte auf allen Ebenen etwa gleich weit entwickelt sein. Im Idealfall sind die Kultur und die gelebten Werte etwas reifer als die Mitarbeitenden. So wird die Kultur zu einer zusätzlichen Führungskraft und nicht zu einem demotivierenden Hindernis. Gleichzeitig braucht es ein systemisches Verständnis der Führung, um zu erkennen, wo die einzelnen Mitarbeitenden stehen und welche Art der Führung für sie die passende ist. Nicht alle Mitarbeitenden tun sich leicht mit Eigenverantwortung oder Selbstführung. Ist allerdings das Mindset der Führung, ihre Reife der Engpass, behindert das die Entwicklung der ganzen Organisation.

Ein Unternehmen, das gezielt neue Mitarbeitende in einer reiferen Haltung rekrutiert, um seine Innovationskraft zu stärken, tut gut daran, dies ihnen gegenüber genauso zu kommunizieren. Das vermeidet Enttäuschung auf beiden Seiten und sorgt dafür, dass dieses Vorgehen erfolgreich sein kann.

Denn bei der Stärkung der Transformationsfähigkeit steht eines klar im Vordergrund: Die Persönlichkeitsentwicklung der Führung hin zu mehr emotionalen Kompetenzen. Als Kulturprägende ist die Wirkung der Führung auf das gesamte System entscheidend. Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist dabei ein wichtiger Teilaspekt hin zur Kompetenzerweiterung zu einer empathischen, systemischen Führung.

 

„culture eats strategy for breakfast, structure eats culture for lunch, mindset eats structure for dinner“

 

Für euch evtl. auch interessant:

Führung ist auch eine Frage der Haltung

 

FORTBILDUNGEN „Haltung entscheidet“:

  • Ab 30.10 bieten wir eine achttägige Ausbildung zu dem Modell der sechs Haltungen an.
    www.haltung-entscheidet.de/ausbildung/
  • 7.12.2020 Impuls-Workshop – Einführung in das Modell der Haltungen
  • 26/27.2.2021 Kompakt-Seminar – Haltung entscheidet

Entspannt in den Urlaub und zurück – kann das funktionieren?

Meine Antwort auf die Frage lautet ganz entschieden

JA!

Nun wäre es hier etwas zu kurz gedacht, wenn ich nur diese Antwort gebe, denn dann folgt ja direkt die Frage „Wie denn?“ – das ist ja eigentlich das Interessante.

In unserem Artikel „Agiles Arbeiten und die Auswirkung auf die Kommunikation“ haben wir bereits unsere Art der Projektarbeit vorgestellt und auch einen jeweils ersten persönlichen Eindruck der Auswirkungen dieser Arbeitsweise gegeben. Kurz zusammengefasst war mein Fazit: „Agiles Arbeiten und zielorientierte Arbeit befreit und entspannt!“

Und genau dies gilt auch, wenn es um die Vorbereitung des Urlaubs, den Urlaub selbst und auch die Urlaubsrückübergabe geht. Wie klappt das also?

 

Vor dem Urlaub

Im Quarterly haben wir für die nächsten 3 Monate unsere Teilprojektziele festgelegt – ich, als Projektleitung, brauche mir also während des Urlaubs schonmal keine Gedanken machen, dass die Zielstellung und die wesentlichen Themen nicht klar sind – das Team weiß genau, was in der Zeit wichtig ist.

Durch die letzte Sprintplanung vor meinem Urlaub, in der wir auch über die zur Verfügung stehenden Kapazitäten pro Person sprechen, wusste jeder, dass ich im kommenden Sprint keine Kapazität habe, weil ich im Urlaub bin – also haben wir unsere Aufgaben entsprechend der reduzierten Team-Kapazität geplant.

Über das letzte Daily vor meinen Urlaub konnte ich nochmal einen Überblick über den Stand meiner Aufgaben geben und einfach mit den Kollegen abstimmen, ob diese während meines Urlaubs ‚geparkt‘ und somit bewusst nicht bearbeitet werden oder ob und welcher Kollege die Aufgabe übernimmt. Zack 15 Minuten Daily und die Urlaubsübergabe war abgeschlossen.

Und wer jetzt noch Sorgen hat, dass die Kollegen ja vielleicht gar nicht alle relevanten Informationen zur Aufgabe haben – dafür gibt es ja noch das Sprintboard. Im digitalen Board nutzen wir die Kommentarfunktion pro Aufgabe, um relevante Aspekte, Ablageorte, weiterführende Gedanken und und und zu dokumentieren. Das Sprintboard ist unser ‚Single Point of Truth‘.

 

Im Urlaub

Hatte ich einfach Urlaub, konnte mich entspannen und wusste, das Projekt läuft in der Zwischenzeit einfach zielorientiert weiter ?

 

Nach dem Urlaub

Bin ich ins Büro gekommen, habe mir den aktuellen Stand des Sprintboards und die Dokumentation der letzten Sprintplanung angeguckt – Dauer ca. 30 Min. Und habe dann am Daily teilgenommen und war direkt wieder voll im Projekt. Urlaubsrückübergabe fertig!

 

So, have fun und euch einen tollen nächsten Urlaub

Ines

Privates Kommunikationsverhalten schwappt in die berufliche Nutzung

Erreicht ihr euren Lieblingshandwerker auch nur noch per WhatsApp? Und wie läuft es mit den Lehrern der Kinder, den Kollegen zum Feierabend – oder auch zur schnellen Absprache von Terminen?

Private Apps werden viel im Unternehmens-Umfeld genutzt – das ist nicht neu. Ich möchte hier auch gar nicht über die datenschutzrechtlichen Probleme schreiben – dazu ist, glaube ich, eigentlich schon alles gesagt, geschrieben und geklagt worden.

Mir geht es hier um die Auswirkungen auf unsere Kommunikation auch im Unternehmenskontext.

Mein erstes Schreibprogramm habe ich von meiner Uni erhalten, um meine Studienarbeiten, später die Diplomarbeit zu schreiben. Eine Tabellenkalkulation und ein Datenbankprogramm brauchte ich auch. Im Beruf war das dann auch so. Irgendwann hatte ich mich dran gewöhnt und fand das so praktisch, dass ich angefangen habe die Programme auch im privaten Umfeld zu nutzen.

E-Mail habe ich auch zuerst im Beruf genutzt – am Anfang noch parallel zum Fax. Irgendwann hatten genügend meiner Freunde eine eigene E-Mail-Adresse, die sie auch regelmäßig gecheckt haben, dass das Briefeschreiben immer seltener wurde. Mit Kollegen und Geschäftspartnern habe ich zu der Zeit dann schon SMS ausgetauscht – das war aber noch vor dem Handy-Boom Ende der 90er.

Meine E-Mails und auch SMS begannen immer mit einem „Sehr geehrte Frau X“, „Lieber Herr Y“, „Sehr geehrte Damen und Herren“,
und endeten „Mit freundlichen Grüßen“, „Hochachtungsvoll Ihr …“

So war das halt. So schrieb man eine Nachricht und so schrieb man ggf. auch die zehnte Rückantwort.

Mit der Verbreitung von privat genutzten Computern änderte sich schon etwas daran. Je mehr Nachrichten ich im Privaten geschrieben habe, desto lästiger wurden die Grußformeln. „Hallo Frau XX“ ersetzte dann schnell auch im beruflichen das „Sehr geehrte“ – zumindest in E-Mails.

Mit dem Erfolg der mobilen Kommunikation, der vermehrten Nutzung von Social Media wie twitter, facebook & Co., wurden digitale Medien, bzw. neue Arten der Kommunikation, zuerst im privaten Umfeld intensiv genutzt, bevor sie in gleicher oder ähnlicher Form auch im beruflichen Alltag eingesetzt wurden. Die Verständigung im Chat-Format oder die Bereitstellung von Informationen und Wissen über Wikis und Intranet-Webseiten mit Kommentar-Funktion, brachte neben den positiven Effekten oft auch Gewohnheiten aus der privaten Kommunikation mit: Fehlende Anrede und Gruß, Kommunikation mit Emojis, Nutzung von Halbsätzen, Abkürzungen und das alles mal eben schnell vom Handy aus der Bahn, der Kaffeeküche, der Toilette.

Bitte versteht mich nicht falsch – ich schätze die neuen Möglichkeiten sehr – das Tempo, die bessere emotionale Klarheit über Emojis, wenn sie unterstützend eingesetzt werden, und ich bin auch nicht dafür, innerhalb einer Unterhaltung im Chat zig Mal „Hallo X … Beste Grüße, Oliver“ zu schreiben. Was mir – auch bei mir selbst – jedoch auffällt, ist eine gewisse Schlampigkeit im Umgang. Es fällt schwerer „angemessen dienstlich“ zu kommunizieren.

Jetzt in der Covid-Situation arbeiten wir auch mehr aus dem privaten Umfeld heraus, was ich sehr genieße. Aber auch hier gilt: Manche sinnvollen Selbstverständlichkeiten aus der Büro-Situation werden hier und da vergessen: Vorbereitet in ein Meeting zu gehen, pünktlich zu sein, vollständig und angemessen gekleidet zu sein, sich auf sein Gegenüber zu konzentrieren und nicht andere Dinge nebenbei zu erledigen und für eine gute Arbeitssituation zu sorgen.

Hier, so glaube ich, bedarf es neuer Regeln oder Konventionen, die wir identifizieren und einüben sollten.

Welche fallen Euch ein – welche wünscht Ihr euch? Bitte hinterlasst eure Ideen hier im Blog, oder per Mail an oliver@kommunikationsrebellen.de.

Zum Abschluss noch ein besonderes „Schmankerl“ aus einem unserer Forschungs-Interviews:
„Also ich war kürzlich Teilnehmer in einem Online-Training mit 30 oder 40 Leuten. Und eine Frau hatte per Chat angemeldet, dass sie eine Frage hat und der Moderator hat dann ihr Mikrofon eingestellt und sagt: „Ok, ich hab gelesen, Du hast da eine Frage – worum geht’s denn?“. Und die so „Tut mir leid, ich hab ein bisschen Hintergrundgeräusche – ich bin hier gerade beim Joggen – also ich habe folgende Frage …“

 

Einen guten Start in die Woche wünscht Euch,

Oliver

Aha-Momente #2 – Die Magie des Zuhörens

Wir beschäftigen uns im Rahmen unseres Projektes mit Kommunikation und Kommunikation bedeutet für viele von uns primär gesprochenes Wort – nun kann man sich fragen

„Warum beschäftigen die sich dann mit dem Hören?“

 

Ganz einfach, weil ohne Hören bzw. Zuhören Kommunikation gar nicht möglich ist und wir in den vergangenen Wochen so unglaublich viele tolle Erfahrungen beim Zuhören in den Interviews gemacht haben, dass ich dies kaum in ausreichende Worte fassen kann. Aber vielleicht kann ich euch die Magie, die beim Zuhören entsteht, hier beschreiben und euch durch ein paar für mich wahnsinnig einprägsame Beispiele an dieser Magie teilhaben lassen.

Die Interviews führen wir, abgesehen von wenigen Ausnahmen, per Videokonferenz. So können der Interviewte und wir uns sehen und hören. Das machen wir jedoch nur zur Begrüßung. Da das Interview aufgenommen wird, schalten wir für die Aufnahme dann jeweils die Kameras aus und erst am Ende zum Abschied wieder ein – wir haben also nur einen schwarzen Bildschirm und die Stimme des anderen.

In den letzten Monaten haben wir ja alle die Erfahrung von digitaler statt persönlicher Kommunikation vermehrt sammeln dürfen. Zwei Punkte, die wir in diesem Zusammenhang immer wieder hören, sind „fehlende Nähe“ bzw. „fehlender persönlicher Kontakt“ und, insbesondere wenn kein Bild vorhanden ist, die fehlende Rückkopplung mit den Teilnehmern.

 

Mein erster Aha-Moment im Rahmen unserer Interviews war jedoch, dass sich zu meiner Überraschung in den meisten Fällen doch direkt eine Nähe, ein Kontakt, ein Austausch entwickelt hat. Ich glaube, dass sich durch das gemeinsame Interesse am Thema (Kommunikation) und den Erfahrungen, die jeder – sei es positiv oder negativ – mit Kommunikation gemacht hat, eine solche Nähe und Verbundenheit einstellt. Ein persönliches Treffen wäre mit Sicherheit oftmals schön gewesen, aber dieses gemeinsame Interesse – und ich glaube, ganz allgemein ein gemeinsames Interesse – hatte für mich eine so verbindende Wirkung, dass das Persönliche auch digital absolut präsent war.

 

Der zweite große Aha-Moment war für mich die Erkenntnis, dass ich über die Interviews eine neue Kompetenz des Zuhörens entwickelt habe. Im Normalfall, wenn ich eine Person sehe, kann ich wahrnehmen, wie diese auf eine Frage reagiert, ob sie gerade noch denkt, ob die Person abgelenkt ist oder ob ich eine Frage anders formulieren muss – das konnte ich in den Interviews ohne Kamera oftmals nicht und zu Anfang war ich skeptisch, ob dies ein Problem sein könnte. Aber bereits im ersten Interview habe ich gemerkt, dass ich all diese Dinge nicht nur sehen kann, sondern auch hören. Ich kann hören, ob eine Person gerade noch grübelt und überlegt was sie sagt, ich kann am kurz tief Luftholen hören, ob eine Person eine andere Meinung hat, ich kann an der Stimme hören, ob die Person wirklich bei mir ist oder gedanklich woanders – ich brauche für all diese Dinge meine Augen nicht. Und manchmal braucht es auch fast nur das Zuhören und vielleicht ab und an mal ein Geräusch, das sagt „ich bin noch da – ich höre dir zu“, weil die andere Person von sich aus von einem Aspekt zum nächsten kommt, dann noch wieder etwas einfällt und ergänzt wird und ich bin dann einfach ein Teil dessen und darf daran teilhaben.

 

Der dritte Aha-Moment war dann, dass das Zuhören, einfach mal nichts sagen, die Stille aushalten und abwarten, genau das richtige Mittel in diesem Moment ist. Aus meiner Coachingausbildung wusste ich schon, dass ich manchmal einfach Raum zum Denken geben muss und habe es auch da schon oft erlebt – aber ich konnte es auch hier in jedem Interview erleben, dass es manchmal einfach eine längere Pause und Stille und gar keine neue Frage braucht. Und das Spannende und Bereichernde – meist kommen genau dann die besonderen Aspekte, die nach denen ich auch gar nicht hätte fragen können, die die das Interview persönlich machen und von eigenen besonderen Erfahrungen, Ideen und Ansichten erzählen.

 

Und gerade diese Erfahrungen und Geschichten haben uns im Projekt-Team so viele tolle und besondere Momente beschert und das oftmals wiederrum beim Zuhören und damit bin ich bei Aha-Moment Nr. 4. Es ist unglaublich toll und inspirierend, wenn mich Theresa, die gerade eines meiner Interviews transkribiert (nicht gerade die schönste Arbeit), per Videoanruf kontaktiert und dies mit den Worten eröffnet

 

„Boah Ines, ich bin gerade am Interview von … und oh Gott ist das cool und hat der coole Sachen gesagt“

 

Und wir sprechen dann 10 Minuten über das Interview und haben diesen magischen Moment, in dem wir diese tolle Erfahrung miteinander teilen können und dabei haben wir beide nur zugehört.

 

Oder Oliver kommt rein und berichtet dann mit Leidenschaft und Begeisterung von dem gerade geführten Interview.

 

„Oh, und es ist sooo schwer – ich hätte gerne noch so viele Fragen gestellt“

 

All diese Aha-Momente schwirrten mir schon seit einer Weile durch den Kopf, aber ich konnte sie noch nicht so richtig greifen und in Bezug setzen, bis ich die Folge 48 des Podcasts „ICH WIR ALLE“ mit Ingo Stoll gehört habe und dann den fünften Aha-Moment hatte – die Magie des Zuhörens ist das verbindende, so besondere Element.

 

„Es geht eher darum im richtigen Moment keine Frage zu stellen und […] das auszuhalten und einfach mal zuzuhören“
Ingo Stoll

 

Eure Ines

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Wer selbst reinhören möchte findet den Podcast hier – meinen Aha-Moment findet ihr ab Minute 53. Ich empfehle aber den gesamten Podcast zu hören.