Die Aussage „Wir werden schlecht informiert“ basiert nicht auf fehlenden Informationen. Oder doch?

Unter anderem mit dieser These haben wir uns im Rahmen unserer Interview-Reihe beschäftigt.

57 Gestalter aus unterschiedlichen Unternehmen und Organisationen standen uns in den vergangenen Monaten in ca. 60-minütigen Interviews Rede und Antwort zu 11 Fragen und 7 Thesen rund um (digitale) Kommunikationskultur. Über 3.300 Minuten auszuwertendes Material sind zusammengekommen – und wie versprochen, geben wir, während die Auswertung noch läuft, erste Einblicke und Erkenntnisse.

 

Also: „Die Aussage wir werden schlecht informiert, basiert nicht auf fehlenden Informationen“. Was haben wir dazu erfahren?

 

„Es gibt da eine Sinuskurve,
die schwingt immer zwischen „Die Personen im Unternehmen haben zu wenig Informationen“
– dann werden Formate, Tools usw. eingeführt, die die Mitarbeiter mit Informationen versorgen sollen.
Dann erreicht man irgendwann einen Hochpunkt, dann sagen die Mitarbeiter „Wir kommen gar nicht mehr zum Arbeiten, wir haben viel zu viele Informationen“ und dann entwickelt es sich wieder in die Gegenrichtung.
Ich habe es aber auch noch nie erlebt, dass alle gesagt haben, ich fühle mich richtig informiert.
Das macht es ja noch komplizierter:
Es gibt ja nicht nur eine Kurve, sondern jeder Mitarbeiter hat seine eigene Kurve.“

 

Wie kommt das? Die Antworten sind genauso divers wie unsere Interviewten und Partner in ihren Fachgebieten. Knapp ¾ der Befragten sind sich aber einig, dass sie die These mit einem klaren oder einem eingeschränkten „ja“ beantworten. Interessant, oder?

 

Anzahl der Personen pro Antwort

 

Bei der Aufarbeitung der Texte für unsere Analyse sind uns einige besonders oft behandelte Themen aufgefallen. 3 davon möchten wir heute mit Euch teilen:

Hol- und Bringschuld

Wahrscheinlich nicht überraschend, wird die Frage „Sind Informationen eine Hol- oder eine Bringschuld?“ sehr häufig thematisiert.

„Es gab noch kein Unternehmen, wo ich das nicht gehört habe“

Inwieweit ist man selbst, egal ob als Mitarbeiter, Geschäftsführer oder Führungskraft, verantwortlich Informationen weiterzugeben – oder sich selbst zu beschaffen? Ist es die Aufgabe von Vorgesetzten alle verfügbaren Informationen weiter zu geben? Oder ist der Mitarbeiter in der Holschuld, um Informationen zu erfragen? Welche Informationen sind relevant? Muss der Vorgesetzte nur Regelinformationen weitergeben und den Rest sollte der Mitarbeiter erfragen? Wer legt fest, was relevant ist?

 

  • Über welchen Informationsumfang sprechen wir?
  • Wer hat welche Verantwortung für Informiertheit zu sorgen?
  • Welche Verantwortung darf delegiert werden, welche Information muss selbst gegeben oder geholt werden?
  • Wie weit ist man selbst verantwortlich?
  • Was ist jetzt „eine fehlende Information“? – Ist sie gar nicht da oder wird sie nicht gefunden?

 

Und selbst wenn das alles geklärt ist, handeln ja Menschen. Denn: Artikulieren wir immer das, was wir denken? Wie viel spricht man wirklich aus und wie viel ist in unserem Kopf, weil es für uns trivial und selbstverständlich ist?

 

„Also ich selber erwische mich immer wieder dabei, dass ich Information unbewusst nicht weitergebe, weil ich denke, die sind für andere nicht relevant.“

 

Was wir glauben gesagt zu haben, und was wir wirklich gesagt haben, stimmt nicht immer überein.

 

„20 % von dem wir behaupten es gesagt zu haben, haben wir nicht gesagt – weil es uns zu selbstverständlich schien“

 

Unsere Gedanken dazu

Vielleicht wird es helfen eine Informationskultur zu schaffen, die dazu anregt, dass alle Parteien sich aufgefordert fühlen, Frage und Antwort zu geben.

 

Die Art und Weise

„Informationen können auf vielen Wegen verbreitet werden, wenn man fehlerhaft kommuniziert, wo welche zu finden sind, ist das auch eine fehlende Information“

 

Reicht eine E-Mail an alle Mitarbeiter aus? Oder reicht es, ein Intranet regelmäßig zu pflegen? Denn dort stehen ja alle Informationen.

 

„Hättest Du ja lesen können“

 

Oder sollte man doch alles mündlich und zu jedem Mitarbeiter oder zu jedem Team weitergeben?

 

„Durchlesen hilft oft nicht – der Gesamtkontext fehlt schnell“

 

Aber Mund-zu-Mund ist fehleranfällig.

 

„Was wir glauben gesagt zu haben und was wir wirklich gesagt haben stimmt nicht immer überein.“ Ja –noch einmal – diesmal nicht das „ob“ wie oben, sondern das gemeinsame Verständnis des „was“.

 

Oder doch eine Kombination aus allen Möglichkeiten? Welche Absicherungen reichen aus und welche sind erforderlich?

 

„Heute ist ja eine Information nicht immer nur eine reine Information, sondern da steckt häufig sehr, sehr viel dahinter und man ist sich der Tragweite nicht immer bewusst, wenn man da etwas nicht weitergibt.“

 

Und dann noch die Sache mit der Relevanz:

 

„Die glauben, sie hätten eine top Informations-Datenbank, wo jeder seine hundert Angaben gemacht hat. Und da steht alles drin. Aber Du merkst – „Blödsinn.“

 

„Also sie kann auf fehlenden Informationen beruhen, natürlich, aber in der Regel ist es so, dass es nicht daran fehlt, dass Kommunikationsangebote da sind, sondern dass diese Angebote nicht wahrgenommen werden und dann ist die große Frage, warum werden sie nicht wahrgenommen.“

 

Am Ende bleibt die Frage, wie hilfreich wäre es wenn jeder alles weiß, oder wissen könnte? Nicht jeder kann mit den vielen Information etwas anfangen oder interpretiert sie in der Masse vielleicht falsch – versucht Relevanz herzustellen wo keine ist. Oder andersherum. Außerdem möchte vielleicht auch nicht jeder Mitarbeiter über alles informiert werden und sieht es als Aufgabe der Führungskraft, Informationen zu filtern und nur die relevanten Informationen weiter zu geben.

Unsere Gedanken dazu

Jedes Unternehmen könnte Informationswege oder Kanäle kommunizieren, wie, wo und wann welche Informationen gefunden werden können, und wer wofür verantwortlich ist – als Grundgerüst. Diese Grundkultur wäre dann die Basis für angepasste Nebenabsprachen. Zum Beispiel könnte man als Führungskraft im Vorwege filtern, welche Informationen sollte man persönlich weitergeben und welche kann man ins Intranet stellen oder per E-Mail verteilen? Wichtige und entscheidenden Informationen hat wahrscheinlich jeder lieber in einem persönlichen Gespräch, Meeting oder Versammlung.

Das Gefühl informiert zu sein

Aus unserer Sicht besonders interessant ist das immer wieder angesprochene Gefühl unserer Gesprächspartner, dass es eigentlich nicht in erster Linie um Informationen geht, sondern um sich informiert zu fühlen – also eine Emotion.

 

„Das ist so eine sehr interessante Aussage. Weil das ist so eine Aussage, wo die Leute selber gar nicht wissen, was sie damit meinen, sondern das Gefühl haben, dass sie schlecht informiert werden. Das kann an den fehlenden Information hängen, aber es kann auch schlecht kommuniziert sein, es kann Silo-Kommunikation sein, ich glaube, das ist erstmal ein Gefühl bei den Leuten, das unterschiedliche Ausprägungen haben kann.“
„Ich kann täglich informieren, jedoch muss es die Leute auch ansprechen.“
„Was glauben Sie, worauf basiert in der Regel diese Aussage? Darauf, dass sich die Mitarbeiter nicht mitgenommen fühlen – also auf einem Gefühl. Und das resultiert wiederum aus der Art und Weise oder dem Zeitpunkt, also das ist vielgestaltig, aus Kommunikationsfehlern an der Stelle, würde ich sagen.“

 

„Wenn Mitarbeiter sich nicht gut informiert gefühlt haben, dann war es meistens, dass sie das Gefühl hatten, sie wurden übergangen, sie sind nicht mit einbezogen worden. Also die Informationen waren meistens da, aber nicht in der Form, wie der Mitarbeiter sie gebraucht hätte – der Abgleich zu den Kommunikationsbedürfnissen der Mitarbeiter ist wichtig.“

 

„Mein Eindruck ist, dass die Informationen immer da sind, der Weg aber der falsche ist, der gewählt wurde. Dass es mündliche Verstärker gebraucht hätte, um es wirklich zu transportieren, dass eine Mail nicht ausreicht, dass der Verdacht da ist: das hat sie ja so nicht gemeint, etc. Was ich immer durch eine mündliche Kommunikation wesentlich besser hinkriege. Und weil es nicht die Sachinformation ist, sondern der Wunsch nach Eingebundensein.“

 

„Man kann sehr viel informieren und trotzdem fühlt sich der Mitarbeiter schlecht informiert. Das passiert, das ist so. Man muss den Nerv treffen, nicht nur die Inhalte.“

 

Unsere Gedanken dazu

Die Punkte 1, 2 und 3 verlaufen ineinander. Wenn die Art und Weise geklärt ist – wie und durch wen Informationen verteilt und aufgenommen werden – ist es  wichtig dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter das Gefühl gewinnen, dass sie eingebunden sind. Das man Teil der gesamten Organisation ist. Und dass der Austausch von Information und Kommunikation gefördert und gefordert werden. Das Gefühl zu bekommen – man ist wichtig und wir nehmen uns die Zeit diese Informationen mit euch zu teilen.

 

 

Wir hoffen das wir euch mit diesem Blog Post angeregt haben, einmal zu reflektieren

A) Wie steht ihr zu der These: „Die Aussage „Wir werden schlecht informiert “ basiert nicht auf fehlenden Informationen.“?

B) Was habt ihr nach dem Lesen des Textes für Ideen was man in seiner eigenen Kommunikationbesser machen kann?

und C) Was meint ihr? Reicht eine E-Mail an alle Mitarbeiter aus?

 

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