Beim Bund habe ich gelernt: Immer eine Nacht drüber schlafen…

Ja, ich habe gedient! So würden es meine Eltern formulieren. Gedient heißt in diesem Kontext, ich war 9 Monate bei der Marine. Keine Angst, jetzt kommen keine Tiraden und Stories wie hart die Grundausbildung war oder welche super-duper geheimen Aufträge ich hatte! Ich habe in der Zeit einfach sehr viel gelernt und hatte eine tolle Zeit.

Bei der Bundeswehr habe ich eine wichtige Lektion zum Umgang mit Kommunikation und Konflikten gelernt und diese möchte ich heute mit euch teilen…

 

Ich habe mich heute geärgert!

 

Geärgert über einen Austausch, eine Konversation, den Verlauf und Inhalt einer „Kommunikation“, die mich erreicht hat. Ich möchte hier gar nicht auf Inhalte eingehen, sondern um eine Art des „Handlings“.

Bei der Bundeswehr … an Tag zwei … im Schulungsraum stand ein hochdekorierter Oberleutnant vor uns knapp 60 Rekruten und hat uns über Historie, Struktur und Aufgaben der Bundeswehr informiert. Am Ende seines Vortrags skizzierte er noch sehr offen und transparent den Ablauf der nächsten Wochen. Viele, zumeist nicht schöne Adjektive und ein finaler Satz:

„Sie werden fluchen, sauer sein, sich am Limit bewegen und viele weitere Emotionen spüren, doch lassen Sie mich Ihnen einen Rat mitgeben: Schlafen Sie drüber! Egal welcher Konflikt, welches Thema, welcher Kamerad… wahren Sie Ihre Fassung und schlafen Sie eine Nacht drüber!“

Heute, knappe 15 Jahre später, bin ich nach wie vor von drei Dingen fasziniert:

 

  1. Offenheit & Ehrlichkeit

Er hätte natürlich sagen können, dass das alles super wird und gar nicht so schlimm. Er hätte uns nur die „Vorteile“ aufzeigen können, aber nein, er war ehrlich und hat uns somit schon auf die Situation vorbereitet. Auch im Unternehmenskontext gibt es schwierige Zeiten und manchmal muss man da eben durch, aber wenn ich als Führungskraft schon erahnen kann, was da an Belastung auf mein Team zukommt, dann kann ich dies auch offen ansprechen und nicht in schwammige Worthülsen verpacken…. Und obwohl ich diese Person kaum kannte, war die direkte Ehrlichkeit der erste Baustein eines Vertrauensverhältnisses, welches bis heute anhält. By the way, Danke, Herr Oberleutnant!

 

  1. Ansprache des Themas „Emotionen“

Die Atmosphäre war kühl, der militärische Rahmen nur durch Vorurteile geprägt und man war recht allein in der Situation, da man sich untereinander auch noch nicht kannte. Drill, Anweisungen, Befehle mit schroffer, harter Kommunikation…damit habe ich gerechnet. Und zumeist war dies auch so. Umso verblüffender war es damals für mich, dass in diesem Setting das Thema der „Emotionen“ seinen Platz gefunden hat. Rückwirkend betrachtet macht dies nur Sinn: Niemand kann die Emotionen aus der Gleichung streichen, weder die Führungskräfte noch die Rekruten selbst. Es wäre also fatal etwas zu ignorieren, von dem alle wissen, dass es da ist und von dem vor allem die Führungskräfte wissen (die machen das ja nicht zum ersten Mal), dass Emotionen Auswirkungen auf die gesamte Truppe haben.

 

  1. Der Tipp als solches

Der Tipp „Schlafen Sie eine Nacht drüber!“ ist so einfach wie genial! Wenn ich merke, dass ich im Rahmen einer Diskussion emotional werde, verliere ich automatisch an Rationalität. Ein in Teilen schleichender Prozess, doch irgendwann bestimmen die Emotionen mehr über das Handeln als der Verstand es gern zugeben möchte. An diesem Punkt waren wir schon alle und werden mit Sicherheit auch immer mal wieder kommen.

Was also tun? Für den Moment durchatmen und die Situation deeskalieren lassen. Ich will hiermit nicht sagen, dass man alles auf sich beruhen lassen soll, keines Weges! Solang meine Argumentation noch rational geprägt ist, kann und sollte der eigene Standpunkt vertreten werden. Und auch wenn es manchmal anstrengend ist: kontroverse Diskussionen bringen uns weiter. Was uns nicht weiterbringt oder gar im schlimmsten Fall unseren sozialen Umgang beschädigt, sind emotionale Streitgespräche, welche sich wie ein Tornado immer weiter aufheizen! Es kommt der Punkt, an dem Dinge gesagt werden, die unwiderruflich im Raum stehen. Zusätzlich belastet eine emotionale Diskussion oft das Sender-Empfänger Verhältnis, alias “der Ton macht die Musik” und der Ton wird schroffer bzw. aufgeregter.

An dieser Spirale der Emotionen sind mindestens zwei Personen beteiligt und jeder hat die Chance, rechtzeitig die Reißleine zu ziehen. Im ersten Schritt ist es wichtig zu bemerken, dass die Diskussion gerade von den emotionalen Befindlichkeiten übernommen wird.  Wenn ihr es für euch merkt, ist auch schon der richtige Zeitpunkt gekommen um „das Gespräch zu vertagen“. Auch wenn ihr merkt, dass euer Gegenüber gerade emotional wird, könnt ihr euch und alle Beteiligten davor bewahren, in eine emotionale Situation abzudriften. Findet einen Folgetermin für das jeweilige Thema und startet den Diskurs nach einer Reflektion und unter sachlichen Rahmenbedingungen nochmal neu.

Gute Nacht bzw. guten Morgen – es geht mir besser, der Schlaf wie auch der Artikel haben mir geholfen und jetzt ist alles gar nicht mehr so schlimm. ?

Euer Christopher

 

 

 

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