Fast and Frugal Trees
Heuristik in der Kommunikation
Hier ein Fundstück aus unserem Alltag.
Komplexität begegnet uns überall – wohl aber nirgends mehr als am Arbeitsplatz. Besonders komplex wird es natürlich, wenn mehrere Personen zusammenarbeiten. Um uns das Leben leichter zu machen, versuchen wir zu standardisieren.
Warum wir das tun? Schlicht gesagt, um Komplexität durch Erfahrung zu reduzieren.
Wenn wir gleiche und damit wiederkehrende Abläufe definieren oder gleiches Material verwenden, reduzieren wir Komplexität, indem wir aus Erfahrung berechtigte Annahmen über den Ausgang von Aktivitäten treffen – mal mehr und mal weniger zuverlässig natürlich. Das betrifft unsere Selbstorganisation und ist in gemeinschaftlicher Arbeit noch wichtiger, manchmal sogar überlebenswichtig.
Standardisierung führt dann zu weniger Fehlern, schnelleren Abläufen und mehr Sicherheit: Die stete Wiederholung führt zu Lerneffekten und erhöht damit meist das Tempo der Durchführung. Die Abstimmungen unter vielen Personen werden eindeutiger.
Durch bewusstes Abweichen von heute aktuellen, sowie von bereits versuchten und verworfenen Abläufen oder Materialien, können wir optimieren. Weiter kann das gewonnene Erfahrungswissen in Form der definierten Standards mit relativ geringem Aufwand weitergegeben werden – nicht jeder muss alle Versuche für sich selbst oder im Team durchführen.
Soweit so gut. Und was hat das mit Kommunikation zu tun?
Die Standards müssen ja kommuniziert werden. Fehlerfrei und eindeutig und verständlich.
Der Mensch am Arbeitsplatz muss kontinuierlich eine Unmenge an Wissen über Standards verarbeiten. Nicht alle müssen zu jeder Zeit zur Verfügung stehen – aber wenn sie benötigt werden, sind sie meist umso wichtiger. Zusätzlich müssen nicht selten innerhalb von Standards Entscheidungen getroffen werden: wenn dies, dann das oder das … Die Dokumentation und Weitergabe selbst wird komplex.
Was also tun?
Ansätze bieten heuristische Strategien. Die Heuristik sucht, grob gesagt, bei begrenztem Wissen oder unvollständigen Informationen und wenig Zeit nach wahrscheinlichen Aussagen oder praktikablen Lösungen.
Passt für uns wunderbar: Für die Prozessmodellierung in einer komplexen Umgebung ist eine höchstmögliche Genauigkeit von zentraler Bedeutung: Alle Aspekte des Prozesses selbst, sowie denkbare Übergabepunkte, müssen festgehalten sein. Da die meisten Menschen aber begrenzte Aufnahme- und Wiedergabekapazitäten haben, sind komplexe Prozessbeschreibungen nicht ohne weiteres zielführend. Das wiegt umso schwerer, wenn mehrere Prozesse ineinandergreifen oder schnell aufeinander folgen – Alltag also.
Eine heuristische Strategie versucht nun die Komplexität zu reduzieren, indem Informationen so weggelassen und Entscheidungsabläufe so vereinfacht werden, dass trotzdem mit hoher Wahrscheinlichkeit die „richtigen“ Ergebnisse erzielt werden. Dabei bedient sie sich unterschiedlicher Ansätze des Weglassens und der Nutzung z.B. von unbewusstem Wissen, angeborenen Fähigkeiten usw.
Eine aus unserer Sicht besonders gut zu nutzende heuristische Strategie ist die der „Fast and Frugal Trees“ (Laura Martignon, Vitouch, Takezawa und Forster, 2003): Komplexe Abläufe mit selbstständig zu treffenden Entscheidungen werden in binäre ja/nein-Abfolgen geteilt. Somit muss der Anwendende nicht den gesamten (Teil-)prozess erfassen, ggf. prüfen und befolgen, sondern nur den relevanten Ausschnitt.
Im Beispiel:
DARSTELLUNG IM QM-HANDBUCH
Fazit: Kommunikation bewusst zu reduzieren ist essenziell. Dabei helfen können heuristische Strategien.
Ein schönes Wochenende wünschen,
Die Kommunikationsrebellen
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Gut in das Thema schnuppern können Sie hier:
Vortrag Prof. Gigerenzer: Gefühltes Wissen